Heute möchte ich Ihnen eine weitere Methode zur Immobilienbewertung erläutern – das Ertragswertverfahren.

Es ist eines der drei normierten Verfahren nach der Immobilienwertermittlungsverordnung (= ImmowertV), das zur Bewertung von Immobilien angewendet wird.

Daneben gibt es noch das Sachwertverfahren und das Vergleichswertverfahren. Über das Vergleichswertverfahren schrieb ich ja bereits in meinem vorletzten Artikel.

Wann wird es angewendet?
Das Ertragswertverfahren wird angewendet für vermietete oder verpachtete Objekte, wie zum Beispiel Eigentumswohnungen oder Mehrfamilienhäuser. Es findet ebenso Anwendung bei gemischt genutzten Objekten und im Gewerbebereich. Doch beschränke ich mich auf Privatimmobilien.

Beim Ertragswertverfahren wird der Wert einer Immobilie über die Erträge ermittelt, die sie einbringt.
Hierfür werden zunächst jeweils der Bodenwert und der Gebäudeertragswert, samt ihrer Zu-/ Abschläge ermittelt und am Ende addiert. Das wars´s schon.
Doch so einfach wie es hier klingt, ist es in der Tat nicht.

Um eine professionelle und präzise Ermittlung des Immobilienwertes mittels des Ertragswertverfahrens zu berechnen, bedarf es auch in diesem Verfahren wieder jeder Menge Faktoren, die berücksichtigt werden müssen.
Die entsprechenden Werte sind zum Teil der jeweiligen Tabelle aus dem Grundstücksmarktbericht zu entnehmen.

Bei der Ertragswertermittlung anzuwendende Faktoren kurz erklärt
Bevor ich auf die Berechnung eingehe, möchte ich zum besseren Verständnis zunächst die einzelnen Faktoren, die zur Berechnung benötigt werden, kurz erklären.

Bodenwert
Das ist der Wert des unbebauten Grundstücks. Er wird bestimmt aus dem Bodenrichtwert. Dieser wird wiederum ermittelt aus den verschiedenen amtlichen Grundstückswerten einer Region, aus denen ein Durchschnittswert ermittelt wird, der den Wert des Bodenrichtwerts beschreibt.
Er wird alle 2 Jahre jeweils zum 01.01. von den Gutachterausschüssen neu ermittelt.

Den Bodenrichtwert bekommen Sie beim Gutachterausschuss oder entnehmen ihn dem jeweiligen Grundstücksmarktbericht.
Sie finden ihn bei uns in Hessen auch kostenfrei unter www.boris.de oder www.geoportal.hessen.de

Liegenschaftszins
Hierbei handelt es sich um den marktüblichen Zins, mit dem die Liegenschaft verzinst wird.
Je kleiner der Wert, desto besser und umgekehrt.
Zu finden in der jeweiligen Tabelle des Grundstücksmarktberichts.

Mieteinnahmen
Hierbei handelt es sich um die Mieteinnahmen und sonstigen Erträge aus der Immobilie.

Jahresrohertrag
Beschreibt die Erträge aus der Immobilie inklusive der Bewirtschaftungskosten.

ACHTUNG:
Zur Berechnung der monatlichen Miete pro m² ist die ortsübliche Vergleichsmiete anzusetzen!
Nicht Ihre tatsächlich verlangte Miete. Natürlich für Sie von Vorteil, sollten Sie Ihren Mieter bisher vor teuren Mieten verschont haben. Natürlich für Sie ernüchternd, wenn Ihre verlangte Miete darüber liegt.

Bewirtschaftungskosten
Bewirtschaftungskosten sind all die Kosten, die Sie nicht auf Ihren Mieter abwälzen können.
Meist getrennt voneinander in der Nebenkostenabrechnung aufgeführt oder ohne Sternchen.
In vielen Abrechnungen sind umlegbare Kosten oft mit Sternchen versehen.

Das sind also die Kosten, die trotz Vermietung monatlich bei Ihnen hängen bleiben.
Hierbei handelt es sich um Instandhaltungskosten, Betriebskosten, Verwaltungskosten und Mietausfallwagnis.

Jahresreinertrag
Die Bewirtschaftungskosten sind den Mieteinnahmen abzuziehen, um so den Jahresreinertrag zu ermitteln.

Gesamtnutzungsdauer
Dire Gesamtnutzungsdauer beschreibt das maximale „Lebensalter“ einer Immobilie.

Restnutzungsdauer
Die Restnutzungsdauer entsprechend den restlichen „Lebensjahren“ der Immobilie,
Doch auch hier kann „Kosmetik“ Wunder wirken und neben Ästhetik und neuem “Kleidchen“ das Lebensalter Ihrer Immobilie, auch rechnerisch, wieder „verjüngen“.

Vervielfältiger/ Barwertfaktor
Dieser Faktor wird zur Berechnung des Gebäudeertragswertes benötigt und berücksichtigt in der Berechnung sowohl die Restnutzungsdauer als auch den Liegenschaftszins.

Objektspezifische Merkmale
Beispielsweise Renovierungs- und Instandsetzungsaufwand.

Wertbeeinflussende Faktoren
Beispielsweise Baumängel, Luxusausstattungen, Bodenverunreinigungen, im Grundbuch eingetragene Lasten und Beschränkungen oder aber, besonders beim Ertragswertverfahren drauf zu achten, mietrechtliche Bindungen.

Abschläge/ Zuschläge
Hierbei handelt es sich um wertbeeinflussende Faktoren und objektspezifische Merkmale, die dem vorläufigen Ertragswert hinzugerechnet oder abgezogen werden.

Schritt für Schritt zur Berechnung

Grundsätzlich lautet die Formel zur Berechnung:
Ertragswert = Bodenwert + Gebäudeertragswert +/- Zuschläge oder Abschläge

  1. Bodenwertermittlung

Beispiel: Ihr Grundstück beträgt 100 m². Der Bodenrichtwert lt. Grundstücksmarktbericht 500 €

Bodenwert (€) = Bodenrichtwert (€/m²) x Grundstücksfläche

Berechnung: 100 x 500 = 50.000 €

  1. Berechnung des Rohertrages

Beispiel: 10 €/ m² - die Wohnung beträgt 50 m²

Jahresrohertrag = Monatliche Miete (m²/ Miete lt. Ortsüblicher Miete ist anzuwenden!!) x 12

Berechnung: 10 x 50 = 500 € monatlich x 12 = 6.000 € Jahresrohertrag

  1. Berechnung des Jahresreinertrages

Beispiel: Die nicht auf den Mieter umlegbaren Bewirtschaftungskosten betragen 1.000 €

Jahresreinertrag = Jahresrohertrag – Bewirtschaftungskosten

Berechnung: 6.000 € - 1.000 € = 5.000 €

  1. Bodenwertverzinsung ermitteln

Beispiel: Liegenschaftszins für unsere Beispiel-Liegenschaft = 2,5 %

Wert aus Bodenwertverzinsung = Bodenwert x Liegenschaftszins

Berechnung: 50.000 € x 2,5% = 1.250 €

  1. Grundstücksreinertrag ermitteln

Grundstücksreinertrag = Jahresreinertrag des Grundstücks - Bodenwertverzinsung
Berechnung: 5.000 – 1.250 = 3.750 €

  1. Berechnung des Gebäudeertragswertes

Beispiel: Die errechnete Restnutzungsdauer des Gebäudes beträgt 40 Jahre. Bei einem Liegenschaftszins von 2,5 % ergibt sich aus der Tabelle ein Vervielfältiger von 17,16

Gebäudeertragswert = Grundstücksreinertrag x Barwertfaktor

Berechnung: 3.750 x 17,16 = 64.350

  1. Berechnung des vorläufigen Ertragswertes

Vorläufiger Ertragswert = Bodenwert + Gebäudeertragswert
Berechnung: 50.000 + 64.350= 114.350 €

  1. Berechnung des endgültigen Ertragswertes

Beispiel: Es wurden Baumängel im Wert von 800 € festgestellt

Endgültiger Ertragswert = vorläufiger Ertragswert – wertbeeinflussende Faktoren

Berechnung: 114.350 – 800 € = 113.500 €

Wir raten unbedingt davon ab, den Wert Ihrer Immobilie selbst zu ermitteln. Die Verfahren sind nicht nur äußerst komplex, es bedarf zusätzlich der Berücksichtigung vieler individueller Faktoren. Von daher überlassen Sie die professionelle Ermittlung des Wertes Ihrer Immobilie – in Ihrem Interesse - lieber einem Fachmann.
Wir beraten Sie gerne. Bei Fragen dazu, schreiben Sie uns jederzeit gerne.

Rechtliche Hinweise
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir als Immobilienmakler keine rechtliche und steuerliche Beratung durchführen dürfen. Entsprechend übernehmen wir für den Inhalt keine Haftung. Dieser Artikel wurde nach bestem Wissen und Gewissen am 15.05.2021 verfasst. Bei weiteren Fragen konsultieren Sie bitte einen Fachanwalt.

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